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Wegweisendes Urteil

Kreditwürdigkeit: EU-Gericht bremst die Schufa aus

  • Veröffentlicht: 07.12.2023
  • 12:55 Uhr
  • Joachim Vonderthann
Der EuGH hat entschieden, dass der Schufa-Score nicht maßgeblich für die Kreditwürdigkeit sein darf.
Der EuGH hat entschieden, dass der Schufa-Score nicht maßgeblich für die Kreditwürdigkeit sein darf.© Franziska Gabbert/dpa-tmn

Ob Handy- oder Mietvertrag: Meist wird die Bonität von Kunden vom Score der Auskunftei Schufa abhängig gemacht. Der Europäische Gerichtshof hält das für höchst problematisch.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Handyanbieter oder Vermieter:innen überprüfen die Kreditwürdigkeit eines Interessenten meist mit dem Schufa-Score.

  • Der Europäische Gerichtshof hat diese Praxis nun mit einem Urteil ausgebremst.

  • Der Score dürfe nicht maßgeblich für die Bonitätsentscheidung sein, urteilten die Luxemburger Richter:innen.

Über die Kreditwürdigkeit von Kundinnen und Kunden bei Handy- oder Stromverträgen entscheidet bislang maßgeblich der Schufa-Score. Die bisherige Praxis ist jedoch nicht rechtens, wie der Europäische Gerichtshof am Donnerstag (7. Dezember) urteilte. Der sogenannte Schufa-Score sei als eine grundsätzlich verbotene "automatisierte Entscheidung im Einzelfall" anzusehen, sofern die Kunden der Auskunftei Schufa ihm eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimäßen, so die Luxemburger Richter:innen.

Urteil: Schufa-Score darf nicht maßgeblich sein

Banken, Telekommunikationsdienste oder Energieversorger fragen meist bei privaten Auskunfteien wie der Schufa nach der Kreditwürdigkeit einer Person. Die Schufa liefert dann eine Einschätzung, den sogenannten Score-Wert. Der soll zeigen, wie gut der Betreffende seine Zahlungsverpflichtung erfüllt.

Im Video: Wann muss die Schufa alte Einträge löschen

Hintergrund des Verfahrens vor dem EuGH ist ein Fall aus Deutschland. Eine Person, der ein Kredit verwehrt worden war, hatte die Schufa aufgefordert, einen Eintrag zu löschen und ihm Zugang zu den Daten zu gewähren. Die Schufa teilte ihm seinen Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht aber die genaue Berechnungsmethode.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden legte den Fall dem EuGH vor, um grundsätzlich das Verhältnis zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) klären zu lassen. Die DSGVO schreibt vor, dass Entscheidungen, die für Menschen rechtliche Wirkung entfalten, nicht nur durch die automatisierte Verarbeitung von Daten getroffen werden dürfen.

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Schufa-Fall: Jetzt muss ein deutsches Gericht entscheiden

Die Richter in Luxemburg entschieden nun, dass das Scoring darunter fällt und nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Die Kunden der Schufa dürften dem Score keine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimessen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden muss jetzt entscheiden, ob das deutsche Bundesdatenschutzgesetz eine gültige Ausnahme von diesem Verbot enthält, die im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung ist.

Die Schufa begrüßte das Urteil: Es sorge für Klarheit, wie die Scores in den Entscheidungsprozessen von Unternehmen im Sinne der DSGVO verwendet werden dürfen. "Das weit überwiegende Feedback unserer Kunden lautet, dass Zahlungsprognosen in Form des Schufa-Scores für sie zwar wichtig, aber in aller Regel nicht allein entscheidend für einen Vertragsabschluss sind", teilte die Schufa nach dem Urteil mit.

Zum Geschäftsmodell der 1927 gegründeten "Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung" gehört es, Daten zu sammeln. Auf deren Basis liefert die Schufa ihren etwa 10.000 Vertragspartnern - unter anderem Banken und Sparkassen, Versandhändlern und Energieversorgern - bei berechtigtem Interesse eine Einschätzung zur Bonität (Kreditwürdigkeit) von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Nach eigenen Angaben verfügt die Schufa über Informationen zu 68 Millionen Menschen in Deutschland. Zu mehr als 90 Prozent seien "ausschließlich positive Informationen gespeichert". Pro Tag erteilt die Auskunftei im Schnitt 320.000 Auskünfte an Unternehmen. Außer der Schufa gibt es weitere Wirtschaftsauskunfteien: etwa Creditreform und Crif.

Kein Handyvertrag mit schlechtem Schufa-Score

Doch welche Daten sammelt die Schufa? Die Auskunftei erhält von ihren Vertragspartnern Informationen etwa über die Eröffnung von Girokonten, die Ausgabe von Kreditkarten, den Abschluss von Leasingverträgen und Krediten. Die Schufa speichert zudem persönliche Daten wie Name, Geburtsdatum und Anschrift, hat aber keine Informationen etwa über das Einkommen einer Person.

Anhand der Daten errechnet sich der Basis-Score, der quartalsweise aktualisiert wird. Dieser beschreibt auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent eine Wahrscheinlichkeit, mit der ein Verbraucher finanziellen Verpflichtungen nachkommen wird. Je höher der Score, umso höher die Kreditwürdigkeit. Wer Rechnungen regelmäßig unpünktlich bezahlt und oft Mahnungen bekommt, wird schlechter eingeschätzt.

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Wie der Score genau berechnet wird, legt die Schufa nicht detailliert offen. Ihr Argument: "Läge das Berechnungsmodell völlig offen, könnte der Score manipuliert werden und hätte so keinen Wert mehr." Die Formel sei aber "der zuständigen Datenschutzbehörde bekannt und wird von ihr und unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kontrolliert". Unternehmen und Einzelpersonen wie Vermieter können Auskünfte bei der Schufa einholen.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur Reuters
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